Erst beim genauen Hinsehen fällt auf, dass das „ẉ“ im Domainnamen tatsächlich mit einem Punkt versehen und gar nicht die Domain "bmw.com" ist. Es handelt sich hierbei um eine sogenannte IDN (Internationalized Domain Name). Das sind Domains, die Umlaute, diakritische Zeichen oder Buchstaben aus anderen Alphabeten enthalten. In Deutschland sind das beispielsweise Domains mit einem ä, ö oder ü. Es gibt aber viele weitere Zeichen, wie eben das „ẉ“ - und bei solchen Zeichen auch die Gefahr einer Verwechselung. Unsere erste Frage war, warum die Bayrischen Motoren Werke (BMW) die .com Domain nicht registriert haben. An dieser Stelle können wir beruhigen: die Domain „bmw.com“ gehört selbstverständlich zum Portfolio des Konzerns, das Pendant „bmẉ.com“ noch nicht.
Die strittige Domain wurde am 22. Mai 2018 registriert. Der Automobilhersteller aus Bayern hat im September Beschwerde bei der WIPO (World Intellectual Property Organization) eingereicht und fordert den Transfer der IDN-Domain bmẉ.com. BMW gehört zu den erfolgreichsten Automobil- und Motoradherstellern der Welt und besitzt verschiedenste Marken (beispielsweise „BMW“ von 1929) und Domains („bmw.com“ oder „bmwgroup.com“ als Beispiel). Zum Zeitpunkt der Beschwerde verwies die Domain „bmẉ.com“ auf eine Website, die das BMW-Logo abbildet und kostenlose BMW-Fahrzeuge mittels Umfrage von Verbraucherinformationen anbietet.
Die Beschwerdeführerin erklärt, dass die strittige Domain ihrer Domain zum Verwechseln ähnlich sei und das „w“ einen Punkt enthalte. Weiterhin hat der Beschwerdegegner weder die Berechtigung noch ein berechtigtes Interesse an der strittigen Domain. Ebenso behauptet sie, dass der Beschwerdegegner die Domain böswillig registriert hat und ebenso böswillig benutzt. Als Begründung gibt sie an, dass die Marke unverwechselbar und international bekannt sei und Internetnutzer aufgrund der Verwechslungsgefahr angezogen werden sollen.
Der Beschwerdegegner hat keine Stellungnahme abgegeben.
Die WIPO stimmt zu, dass die Domain verwirrend ähnlich ist zur Marke des Beschwerdeführers und weist darauf hin, dass die Ersetzung eines ASCII-Buchstabens (American Standard Code for Information Interchange) durch ein Nicht-ASCII-Zeichens nicht verhindert, dass eine verwechselnde Ähnlichkeit zischen einem Domainnamen und einer Marke festgestellt wird. Weiterhin reicht der vorgetragene Anscheinsfall aus, um die Beweislast auf den Beschwerdegegner zu übertragen. Dieser hat jedoch keine Beweise für Rechte oder ein berechtigtes Interesse vorgelegt. Zudem stellt die WIPO fest, dass der Beschwerdeführer wahrscheinlich Kenntnis von der Beschwerdeführerin hat und den Domainnamen bewusst böswillig registriert hat. Die Verwendung des Logos der Beschwerdeführerin und das falsche Angebot kostenloser BMWs auf der Webseite zur Domain deutet die WIPO als Verwendung der strittigen Domain in böswilliger Absicht. Aus diesen Gründen entscheidet sie zu Gunsten von BMW und ordnet an, die Domain „bmẉ.com“ zu transferieren.
Die vollständige Entscheidung kann auf der Webseite der WIPO nachgelesen werden. Zum heutigen Zeitpunkt (12.11.2018) ist die Domain noch nicht transferiert, allerdings in einen speziellen Status von Seiten der Registry gesetzt worden.
Dieser Fall zeigt einmal mehr, welche Möglichkeiten es gibt, bekannte Domainnamen von etablierten Marken zu klonen und wie Imageverluste durch Trittbrettfahrer entstehen können. Der durchschnittliche Internetnutzer wird in der Regel nicht mitbekommen, dass es sich bei der strittigen Domain nicht um ein offizielles Gewinnspiel von BMW gehandelt hat.
Marken und bekannte Unternehmen werden es nie verhindern können, dass so etwas passiert. Aber sie können verschiedene Vorkehrungen treffen, um Betrügern das Tagesgeschäft zu erschweren. Wir empfehlen Unternehmen daher dringend, ihre Kerndomains ausreichend zu schützen und auch ähnliche Domains regelmäßig zu überwachen.
Quellen: denic.de, wipo.int, bmw.com