Im April 2018 hat die in Deutschland ansässige Lidl Stiftung & Co. KG eine Beschwerde bei der WIPO (World Intellectual Property Organization) zu den Domains lídl.eu und lìdl.eu eingereicht und den jeweiligen Transfer eingefordert.
Bei den beiden Domains handelt es sich um sogenannte IDN (internationalisierte Domainnamen), für die im Gegensatz zu den üblichen Domainnamen neben Zahlen und Zeichen aus dem lateinischen Alphabet auch internationale Zeichen erlaubt sind. In diesem Fall wurde das „i“ aus dem Namen „Lidl“ durch ein i mit einem Gravis bzw. Akut ersetzt. Diese Buchstaben kommen im Altnordischen, Isländischen, Färöischen oder Tschechischen bzw. Schottisch-Gälischen vor. Beide Domains wurden im April 2018 registriert, nämlich am 18.4 bzw. 17.4 und werden nach Bekanntgabe der Beschwerde nicht in Verbindung mit einer aktiven Webseite genutzt und als Fehlerseite aufgelöst. Der Domainbesitzer ist in beiden Fällen identisch und eine Privatperson aus Rumänien.
Die Beschwerdeführerin ist ein Lebensmitteldiscounter aus Deutschland, der mittlerweile in 28 Ländern mit über 10.000 Läden in Europa und den USA vertreten ist. Sie ist Besitzerin verschiedener Markenrechte „Lidl“ in Deutschland und Europa und hat in ihrem Portfolio Domains mit unterschiedlichen Länderendungen wie beispielsweise lidl.de, lidl.com oder lidl.es und viele weitere.
Vor Einreichen der Beschwerde wurden die strittigen Domainnamen genutzt, um die Besucher auf andere Webseiten wie Datingportale, betrügerische Verlosungen für Mobiltelefone oder Gutscheine umzuleiten.
Die Beschwerdeführerin gibt an, dass die strittigen Domainnamen identisch bzw. täuschend ähnlich zu ihren registrierten Marken sind, dass der Beschwerdegegner keiner Rechte bzw. berechtigtes Interesse zur Nutzung dieser Domainnamen hat und dass die Domainnamen böswillig verwendet werden.
Der Beschwerdegegner hat sich auf die Anfrage von Seiten der WIPO nicht zurückgemeldet und keine Stellung bezogen. Damit vergibt er die Chance nachzuweisen, dass er berechtigtes Interesse an den Domainnamen hat. Die WIPO kann dies nur als sogenannten Anscheinsbeweis für das Fehlen von Rechten bzw. berechtigtem Interesse bewerten. Schließlich bewertet die WIPO die Beschwerde zugunsten des Beschwerdeführers und entschiedet, dass die beiden strittigen Domainnamen an den Beschwerdeführer transferiert werden sollen. Die vollständige Entscheidung zur Beschwerde (DEU2018-0011) kann auf der Webseite der WIPO nachgelesen werden.
Eine Prüfung am 23.07.2018 ergab, dass die beiden Domains noch nicht transferiert wurden. Allerdings befinden sie sich zumindest schon mal in einem Status von Seiten der Registry, der auf eine juristische Überprüfung hindeutet und daher keine aktive Nutzung oder einen Transfer an einen Unbeteiligten erlaubt.
Um zukünftig zu vermeiden, dass diese Domains von anderen Personen fremdregistriert werden, ist der Transfer in das Domainportfolio von Lidl notwendig. Die Kosten einer frühzeitig durch Lidl durchgeführten Registrierung wären deutlich geringer ausgefallen als die für das Beschwerdeverfahren. Allerdings müssen für eine realistische Abschätzung die Registrierungs- und Verlängerungsgebühren entsprechend vieler Domains mit unterschiedlicher Schreibweise gegenübergestellt werden. Wir empfehlen daher jedem Unternehmen eine klar definierte Domain-Policy und eine jährlich wiederkehrende Überprüfung des Domainportfolios, um solche Streitigkeiten zu vermeiden.